Andi Weiland|www.venro.org |
Die Bundesregierung hat am 21. Dezember den Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) verabschiedet. VENRO, das Forum Menschenrechte und das CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung kritisieren die fehlende Verbindlichkeit: Unternehmensverantwortung bleibt für deutsche Unternehmen weiterhin eine freiwillige Angelegenheit. Das Deutsche Institut für Menschenrechte spricht von einer „zögerlichen Umsetzung".
Der politische Wille hätte nicht weiter gereicht. Deutschland setze die UN-Leitprinzipien um, allerdings nur mit kleinen Schritten. Zwei Stellungnahmen zum NAP
21. Dezember 2016 | CorA-Netzwerk/Forum Menschenrechte/VENRO
Bundesregierung verabschiedet schwachen Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte
Gemeinsame Pressemitteilung von CorA-Netzwerk, Forum Menschenrechte und VENRO
"Der Aktionsplan äußert zwar die Erwartung, dass Unternehmen die Menschenrechte bei ihren Auslandsgeschäften achten. Wenn Unternehmen dies ignorieren, müssen sie aber weder Bußgelder, noch Zivilklagen oder andere Konsequenzen fürchten", bemängelt Bernd Bornhorst, Vorstandsvorsitzender von VENRO. "Es ist nicht nachvollziehbar, dass Auslandsinvestoren ihre Rechte international einklagen können, während Opfern von Menschenrechtsverletzungen diese Möglichkeit verweigert wird."
"Immerhin setzt sich die Bundesregierung eine Zielmarke: Bis 2020 sollen die Hälfte aller Großunternehmen menschenrechtliche Sorgfaltspflichten umsetzen", erklärt Julia Duchrow, Mitglied im Koordinierungskreis des Forums Menschenrechte, und begrüßt, dass das Bundesfinanzministerium seine völlige Blockadehaltung aufgeben musste. Für den Fall, dass dieses Ziel verfehlt wird, erwägt die Bundesregierung eine gesetzliche Regelung. "Die Bundesregierung sollte ein solches Gesetz nicht nur erwägen, sondern unmissverständlich ankündigen, falls die Unternehmen nicht liefern", so Duchrow. Wichtig sei zudem eine unabhängige und transparente Überprüfung auf Grundlage robuster Kriterien.
"Der Nationale Aktionsplan ist voll von hehren Absichtserklärungen, die wir grundsätzlich begrüßen. Doch was sind sie wert, wenn gleichzeitig EU-Richtlinien wie diejenige zur öffentlichen Beschaffung in deutsches Recht umgesetzt wurden, ohne die Menschenrechte zur verbindlichen Richtschnur zu machen?", kritisiert Heike Drillisch, Koordinatorin des CorA-Netzwerks für Unternehmensverantwortung. "Mit dem Aktionsplan bleibt die Bundesregierung noch hinter Maßnahmen anderer Länder wie Frankreich, Großbritannien und den USA zurück."
2011 haben die Vereinten Nationen Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verabschiedet. 2014 startete die Bundesregierung den Prozess zur Erarbeitung eines nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der Leitprinzipien umzusetzen. VENRO und das Forum Menschenrechte wurden zu Beginn als Mitglieder des vom Auswärtigen Amt eingerichteten Steuerungskreises sowie als Organisatoren zahlreicher Expertenanhörungen eingebunden. Entgegen vorheriger Zusicherung wurden sie später jedoch nicht in die Redaktion des Aktionsplans eingebunden. "Seit einem Jahr erhalten wir keine offiziellen Informationen mehr darüber, wo dieser Prozess steht. Nun ist uns der Aktionsplan vor Verabschiedung nicht einmal zur Kommentierung zugeschickt worden. Partizipation sieht anders aus", kritisiert Julia Duchrow, die das Forum Menschenrechte im Steuerungskreis vertreten hat.
Mehr als 30.000 Menschen haben die Forderung von VENRO, Forum Menschenrechte und dem CorA-Netzwerk nach verbindlichen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten mit einer Petition unterstützt, die die Verbände vor der entscheidenden Kabinettsitzung dem Bundeskanzleramt übergaben.
Den Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte finden Sie hier.
Die Petition finden Sie hier.
Eine ausführliche Analyse des Nationalen Aktionsplans ist hier zu finden.
Beispiele weitreichenderer Maßnahmen anderer Ländern sind hier zu finden.
Zögerliche Umsetzung bei der Integration von Menschenrechten in die Wirtschaft
Pressemitteilung des Deutschen Instituts für Menschenrechte
Anlässlich der heutigen Verabschiedung des Nationalen Aktionsplans Menschenrechte und Wirtschaft durch das Bundeskabinett erklärt Michael Windfuhr, stellvertretender Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte:
"Der heute vom Kabinett verabschiedete Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte ist weit entfernt vom ambitionierten Aktionsplan, den die Bundesregierung 2015 beim G7-Gipfel im bayrischen Schloss Elmau angekündigt hatte. Er enthält aber erste Schritte und Verabredungen zu einer verbesserten Integration von Menschenrechten in die Wirtschaft und weist damit in die richtige Richtung. Begrüßenswert ist, dass die Bundesregierung die Erwartung an alle deutschen Unternehmen formuliert, eine menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung in ihre Unternehmensprozesse zu verankern und regelmäßig zu überprüfen. Gut ist auch das Anliegen, relevante Branchensektoren zu identifizieren, um die Umsetzung der UN-Leitprinzipien in diesen Bereichen voranzubringen. So deutlich wurde die Erwartung in den bisher vorliegenden Aktionsplänen anderer Länder nicht formuliert.
Wenig überzeugend ist der Nationale Aktionsplan allerdings bei den meisten Maßnahmen, mit denen die Bundesregierung selbst die Menschenrechte umsetzen will: Es fehlt ein klares Bekenntnis, Problemsektoren der Wirtschaft in Zukunft stärker zu identifizieren, zu kontrollieren, gefundene Probleme abzubauen und benachteiligte Bevölkerungsgruppen zu unterstützen. Auch enthält der Aktionsplan weder neue Verpflichtungen, das öffentliche Beschaffungswesen stärker an Menschenrechten auszurichten, noch besondere Verpflichtungen für Unternehmen in öffentlicher Hand. Der Nationale Aktionsplan hätte diese Unternehmen zu umfassenden menschenrechtlichen Folgeabschätzungen und Berichterstattung verpflichten müssen. Zu bedauern ist außerdem, dass es keine Veränderungen für Betroffene von Menschenrechtsverletzung aus dem Ausland beim Zugang zum deutschen Rechtssystem geben wird. Dies wird der besonderen Verantwortung des deutschen Staates für die Wirtschaftstätigkeit der transnationalen Unternehmen in staatlicher Hand nicht gerecht. Zentral für die weitere Entwicklung ist nun, ob es gelingt einen wirkungsvollen Umsetzungsprozess zu starten."
Download der Stellungnahme des Deutschen Instituts für Menschenrechte hier.