Global Policy Forum

Tag 2 der Verhandlungen für ein UN-Abkommen für Wirtschaft und Menschenrechte - Bericht

Binding_TreatyWährend sich die Bundesregierung weiter dahinter versteckt, dass die Frage des EU-Verhandlungsmandats noch nicht geklärt ist und man sich nur im Block mit der EU äußern werde, war der zweite Verhandlungstag durch Beiträge von Spanien und Frankreich geprägt, für die diese Beschränkungen anscheinend nicht gelten. Inhaltlich ging es am zweiten Tag um die wichtigen Themen des Anwendungsbereiches eines zukünftigen Abkommens, die Frage, welche Rechte Betroffene von wirtschaftsbezogenen Menschenrechtsverletzungen haben und welche Maßnahmen Staaten als auch Unternehmen ergreifen müssen, um Schäden zu verhindern. Es zeigte sich erneut, dass Staaten, die auf nationaler Ebene ihre Verantwortung wahrnehmen und Unternehmen zur Beachtung menschenrechtlicher Sorgfalt verpflichten, auch auf internationaler Ebene voranschreiten.

October 15, 2019 | Brot für die Welt

Bericht des 2. Tages der Verhandlungen für ein UN-Abkommen für Wirtschaft und Menschenrechte

Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg


von Maren Leifker, Referentin für Wirtschaft und Menschenrechte bei Brot für die Welt

Während sich die Bundesregierung weiter dahinter versteckt, dass die Frage des EU-Verhandlungsmandats noch nicht geklärt ist und man sich nur im Block mit der EU äußern werde, war der zweite Verhandlungstag durch Beiträge von Spanien und Frankreich geprägt, für die diese Beschränkungen anscheinend nicht gelten.

Anwendungsbereich, Rechte von Betroffenen und Prävention

Inhaltlich ging es um die wichtigen Themen des Anwendungsbereiches des zukünftigen Abkommens, die Frage, welche Rechte Betroffene von wirtschaftsbezogenen Menschenrechtsverletzungen haben und welche Maßnahmen Unternehmen ergreifen müssen, um Schäden zu verhindern.

Anders als der „Zero Draft“ ist der aktuell diskutierte „Revised Draft“ des UN-Abkommens für Wirtschaft und Menschenrechte (der Treaty) nicht mehr auf transnationale Unternehmen oder Wirtschaftsaktivitäten beschränkt. Die Beschränkung auf transnationale Unternehmen war ein wesentlicher Kritikpunkt der EU und der Bundesregierung, die darin eine Benachteiligung von transnationalen gegenüber rein national tätigen Unternehmen sahen. Auch von zivilgesellschaftlichen Organisationen war in den letzten Jahren eine Erweiterung des Anwendungsbereichs auf alle Unternehmen gefordert worden, da auch nationale Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sein können und ein weiter Anwendungsbereich im Sinne eines effektiven Menschenrechtsschutzes vorzugswürdig ist. Andere Stimmen, insbesondere von Organisationen aus dem globalen Süden, zeigen dagegen die besonderen negativen Auswirkungen von transnationalen Wirtschaftsaktivitäten auf und fordern, dass diese im Fokus des Treaty stehen müssen.

Prof. David Bilchitz von der Universität Johannesburg, der als Experte für die Diskussion zum Anwendungsbereich geladen war, warf die Frage auf, ob der Treaty überhaupt einen eigenen Artikel zur genauen Bestimmung des Anwendungsbereichs benötige. Dies sei unüblich in internationalen Abkommen. Zumindest solle man sich nicht in den Diskussionen über den Anwendungsbereich verlieren, sondern sich lieber inhaltliche Fragen wie die unternehmerischen Pflichten zum Schutz von Menschenrechten und die Haftung für Menschenrechtsverletzungen konzentrieren und den Anwendungsbereich in diesem Rahmen klären.

Als weitere Expertin für die Diskussion am Vormittag war Ana María Suárez Franco von FIAN International geladen. Sie stellte die Bedeutung der in dem Abkommensentwurf vorgesehen Maßnahmen zur Sicherung der Rechte von Betroffenen heraus. Aufgrund des strukturellen Ungleichgewichts sei es notwendig, dass Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen unter Beteiligung von Unternehmen gewisse Hilfestellungen gewährt werden, wenn sie dagegen gerichtlich vorgehen wollen. Zum Beispiel fehlt den Betroffenen in der Regel der Zugang zu unternehmensinternen Dokumenten, die sie benötigen, um eine Beteiligung des Unternehmens an der Verletzung ihrer Rechte zu beweisen. Es sei daher entscheidend, dass im Abkommensentwurf die Möglichkeit vorgesehen sei, die Offenlegung solcher Dokumente zu erzwingen.

Im Anschluss an die Präsentation der Expert*innen meldeten sich zahlreiche Staaten zu Wort und beglückwünschten den Vorsitzenden für den guten Entwurf, machten Vorschläge zur Verbesserung oder kritisierten einzelne Punkte als zu weitgehend.

Unter den Staaten, die sich an der Diskussion beteiligten, waren auch Spanien und Frankreich. Spanien begrüßte ausdrücklich, dass die EU-Kritik zur Beschränkung des Anwendungsbereichs auf transnationale Unternehmen im aktuellen Entwurf aufgegriffen wurde. Die Erweiterung auf alle Unternehmen sei notwendig, um Menschenrechtsverletzungen im Wirtschaftsverkehr effektiv zu bekämpfen. Zudem sei der Übergang zwischen nationalen und transnationalen Unternehmen in der globalisierten Wirtschaft oft fließend, eine willkürliche Trennung sei daher abzulehnen.

Nationale Fortschritte fördern Beteiligung am Treaty-Prozess

In der Diskussion am Nachmittag zeigte sich erneut, dass Staaten, die auf nationaler Ebene ihre Verantwortung wahrnehmen, Unternehmen zur Beachtung menschenrechtlicher Sorgfalt zu verpflichten, auch auf internationaler Ebene voranschreiten.

Inhaltlich ging es am Nachmittag darum, welche Maßnahmen Staaten ergreifen müssen, um sicherzustellen, dass Unternehmen durch ihre Geschäfte keine Menschenrechte verletzen. Die Vertreterin der französischen Regierung nutzte diese Gelegenheit zur Vorstellung der loi de vigilance, mit der Frankreich seit 2017 große französische Konzerne zu menschenrechtlicher und umweltbezogener Sorgfalt verpflichtet. In einem Sorgfaltsplan müssen die Unternehmen darüber berichten, welche Maßnahmen sie ergreifen, um Risiken zu verhindern.

Um zu erreichen, dass auch Deutschland Champion für internationale Standards zum Schutz von Menschenrechten im globalen Wirtschaftsverkehr wird, setzen sich im Rahmen der Initiative Lieferkettengesetz mehr als 70 Organisationen zunächst für ein Gesetz auf nationaler Ebene ein, dass mit großer Wahrscheinlichkeit die Bereitschaft der Bundesregierung beflügeln würde, die Standards auf internationaler Ebene verbindlich zu verankern und damit Wettbewerbsgleichheit für deutsche Unternehmen herzustellen.

Dieser Artikel wurde zuerst auf der Website von Brot für die Welt veröffentlicht.

 

FAIR USE NOTICE: This page contains copyrighted material the use of which has not been specifically authorized by the copyright owner. Global Policy Forum distributes this material without profit to those who have expressed a prior interest in receiving the included information for research and educational purposes. We believe this constitutes a fair use of any such copyrighted material as provided for in 17 U.S.C § 107. If you wish to use copyrighted material from this site for purposes of your own that go beyond fair use, you must obtain permission from the copyright owner.